Bilanzierungsdialoge

Bilanzierungsdialoge als Mittel zur Förderung von Patientenorientierung und zur Verbesserung der hausärztlichen Behandlungsqualität bei Menschen mit chronischer Krankheit (Bilanz)

Forschungsbereich

Versorgungsforschung/Klinische Forschung

Projektförderung

BMBF (Förderschwerpunkt: Chronische Krankheit und Patientenorientierung)

Studientyp, Design

Verknüpfung von cluster-randomisierter, kontrollierter, nicht verblindeter Interventionsstudie und qualitativer Studie (Mixed Method-Design); gesundheitsökonomische Bewertung
Standort: Göttingen: Qualitativer Studienteil

Verbundpartner

  • Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf
  • Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke
  • Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie (Fortbildung; qualitative Teilstudie)
  • Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Statistik)

Gesamtprojektleitung

Prof. Dr. med. Stefan Wilm, Düsseldorf

Projektleitung qualitative Teilstudie

Dr. Ottomar Bahrs, Göttingen

Weitere Mitarbeitende

  • Standort Göttingen: Dr. Karl-Heinz Henze, Susanne Heim
  • Standort Witten: Dr. Gertrud Bureick
  • Standort Düsseldorf: Prof. Dr. em. Hans-Harald Abholz, Katharina Ilse,
    Dr. med. Dipl. oec. Marcus Redaèlli (Gesundheitsökonomie)

Projektlaufzeit

Gesamtstudie: 1.07.2011 - 30.06.2014
Qualitative Teilstudie: 1.12.2012 - 30.06.2014

Hintergrund

Verbesserung im Erreichen von patient- und arztseitig vereinbarten Zielen bzgl. a) der Prävention lebensstilbedingter Progression chronischer Krank-heit und ihrer Komplikationen und/oder b) besserer Nutzung von Coping-Fähigkeiten und salutogenen Ressourcen des Patienten.

Fragestellung/Hypothese

Viertel- bis halbjährliche gemeinsam von Patient und Arzt gestaltete Bilanzierungsdialoge können Erfolge ärztlicher Beratung zum Lebensstil sowie zu Einstellungs- und Handlungsmodi chronisch kranker Menschen fördern, wenn die folgenden Bedingungen gegeben sind:

  1. Herausarbeiten salutogener Möglichkeiten und Selbstmanagementfähigkeiten des Patienten;
  2. ausreichend Zeit und Kontinuität im patientenzentrierten Arzt-Patient-Gespräch;
  3. in Bilanzierungsdialog und gemeinsamer Entscheidungsfindung geschulte Ärzte.

Methode

  • Intervention I (Arztebene): 18 Unterrichtsstunden umfassende Fortbildung der ÄrztInnen (Clusterebene) zu Bilanzierungsdialog, Identifikation salutogener Ressourcen und Selbstmanagementfähigkeiten.
    Intervention II (Patientenebene): Bilanzierungsdialoge von 20-30 Minuten Dauer mit den Patienten zu 2 (KG) bzw. 4 (IG) Zeitpunkten
  • Stichprobe/Stichprobengröße:
    • Vorgesehen: Konsekutive Patienten (Vorliegen mindestens einer chronischen Erkrankung; Alter 18 bis 70 Jahre) aus n=104 Hausarztpraxen (Cluster) aus 2 Rekrutierungszentren. Einschließbare Patienten n>5200; angesprochene Patienten n=2600; initial teilnehmende Patienten n=1690 aus 104 Praxen; auswertbare Patienten n=1410 aus 94 Praxen.Subsample für die qualitative Teilstudie (n=40 Praxen) mit Video- Gesprächsaufzeichnungen von jeweils 5 Patienten; theoretical sampling, n=40 qualitative Interviews.
    • Tatsächlich: Teilnehmende Praxen: n= 54, Videodokumentationen von n = 14; rekrutierte Patienten: n = 459; davon Videoaufzeichnungen von 44 Patienten (Zeitpunkt t1), von t2, t3 und t4 bislang insgesamt n = 79.
  • Zeitplan:
    • Geplant: Rekrutierung Hausarztpraxen: 3 Monate; Rekrutierung Patienten: 5 Monate. First patient in to last patient out: 17 Monate.
    • Tatsächlich: Rekrutierung Hausarztpraxen: ca. 11 Monate; Rekrutierung Patienten: 12 Monate. First patient in to last patient out: nach 27 Monaten
  • Datenbasis: Dokumentation durch Arzt, Evaluationsbögen von Patient und Arzt; detailliertes Daten- und Prozessmonitoring
    Für qualitative Teilstudie: Video-Aufzeichnung von Gesprächen, Befragung von Patienten und Ärzten
  • Analyse:
    • Auswertung der beiden primären Teilendpunkte (nachhaltige Erreichung gemeinsam festgelegter Ziele aus Patienten- und Arztsicht) nach 12 Monaten mit random effect binary model mit der Intervention als festem Einflussfaktor und der Praxiszugehörigkeit als zufälligem Effekt unter Berücksichtigung von Unbalanciertheiten. Intention-to-treat-Auswertung auf Patientenebene.
    • Eingebettete qualitative Studie:
      Analyse eines Subsamples videoaufgezeichneter Konsultationen unter Einsatz zweier halbstandardisierter Verfahren (RIAS=Roter‘s Interactional Analysis System sowie RLI = Ratinginventar Lösungsorientierter Interventionen) sowie von Patienten- und Arztinterviews zur Interpretation der gemessenen Interventionseffekte.
      Zusätzlich: Telefonische Arztbefragung bzgl. Barrieren bzw. förderliche Aspekte bei der Durchführung der Studie und der Umsetzung der Bilanzierungsdialoge
    • Gesundheitsökonomische Bewertung durch Modellierungen mit Kosten-Effektivitäts-Analyse und Kosten-Nutzwert-Analyse aus der Perspektive des Sozialversicherungssystems.
  • Nutzen und Verwendungsmöglichkeiten: individualisierte, gender­sensitive Angebote und Förderung patienteneigener Ressourcen; Veränderung der ärztlichen Versorgungskultur mit inhaltlich/struktureller Ausgestaltung des „Ärztlichen Gespräches“; direkt in der Regelversorgung umsetzbares, theoretisch begründetes und empirisch erprobtes Modul für ärztliche Weiter- und Fortbildung, das analog für die Medizinerausbildung verwendbar ist. Insgesamt inhaltliche Verbesserung der Betreuung chronisch Kranker unter Nutzung ihres Selbstmanagements.
  1. Abholz H-H, Lambrecht S, Wilm S, Bureick G, Bahrs O, Henze K-H, Heim S, Laspe I, Wegscheider K. BILANZ - Accounting dialogues as a means to promote patient-oriented primary care and improve treatment of people with chronic dis-ease (Study design). Health Promotion Research - An International Forum. State of the art - Directions for the future, 6.-9.8. 2012, Trondheim
  2. Bahrs O, Abholz H-H, Bureick G, Heim S, Henze K-H, Lambrecht S, Wilm S. Setting gestalten, Erzählungen initiieren, Auftrag klären, Ziele vereinbaren - Erfahrungen mit der Fortbildung zum hausärztlichen "Bilanzierungsdialog". Abstract Z Allg Med 2012; 88 (S1): 50-51
  3. Mirescu M-C, Abholz H-H, Bureick G, Ilse K, Bahrs O, Heim S, Henze K-H, Wilm S. Behandlungs-Zielvereinbarungen zwischen Hausarzt und chronisch krankem Patienten - Analyse auf Basis von Bilanzierungs-Gesprächen. Poster-Vortrag auf dem 47. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, 12-14.09.2013, München
  4. Bahrs O, Henze K-H, Heim S, Abholz H-H, Wilm S, Ilse K, Bureick G. Breite oder Tiefe? Einführung in qualitative Sequenzanalyse und Kodierungsverfahren zur Auswertung videodokumentierter Konsultationen in der Hausarztpraxis. Vortrag auf dem 47. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, 12-14.09.2013, München
  5. Wilm S, Abholz HH, Ilse K, Heim S, Bahrs O, Henze KH, Bureick G, Wegscheider K. BILANZ: Bilanzierungsdialoge als Mittel zur Förderung von Patientenorientierung und zur Verbesserung hausärztlicher Behandlungsqualität bei Menschen mit chronischer Krankheit. Postervortrag auf dem Workshop zum Förderschwerpunkt "Versorgungsnahe Forschung – Chronische Krankheiten und Patientenorientierung" des BMBF, 18.10.2013, Erkner
  6. Heim S, Wilm S, Abholz HH, Ilse K, Henze KH, Bureick G, Bahrs O: Review Dialogues – a chance to arrive to a patient-related ‘overall diagnosis’ for patients with chronic illness [BILANZ]. Posterpräsentation auf der EGPRN (European General Research Network)-Tagung, Barcelona, 8.-10.05.2014